Keith R. Kernspecht und Michael Schwarz

Keith-R.-Kernspecht

Keith R. Kernspecht

SiGung Keith R. Kernspecht ist der Gründer der Europäischen WingTsun Organisation (EWTO): www.wingtsunwelt.com

Die EWTO und die IWTA arbeiten zusammen. Die EWTO ist inzwischen mit über 1.100 Schulen die größte WingTsun-Organisation weltweit.

Seine Begeisterung für Kampfkunst und Körperentwicklung hat Keith R. Kernspecht frühzeitig entdeckt. Schon Ende der 50er Jahre hatte Keith R. Kernspecht mit Freistilringen, Catchen, Jiu-Jitsu und Judo begonnen. Dann folgten Kempo, Shaolin-Kung-Fu, Shotokan- und Wado-Ryu-Karate, Ko-Budo, Hapkido, Taekwondo, Aikido, Escrima (philippinischer Stock- und Messerkampf) und diverse thailändische Kampfkunstdisziplinen.

Mit Yip Mans Kampfkunst kam Kernspecht Anfang der 1970er Jahre erstmals in Berührung. Er machte die in Europa völlig unbekannte Kampfkunst zur eigenen Disziplin. 1975 lud er SiJo Leung Ting nach Deutschland und begann damit einen Weg, der ihm bis heute den Ruf des „Vaters des WingTsun in Europa“ einbrachte. Die jährlichen Seminare Leung Tings für WT-Ausbilder und -Schüler wurden zur Selbstverständlichkeit.

1982 gründete Kernspecht die WingTsun-Akademie auf Schloss Langenzell bei Heidelberg und schuf den Beruf des „WingTsun-Lehrers“. Im Jahre 2000 erkannte ihm Großmeister Leung Ting den 10. Meistergrad zu, den bislang nur er besaß.

Das Lehrprogramm zur Berufsausbildung entwickelt er bis heute kontinuierlich weiter. Den Informationsfluss zu den rund 1.100 WingTsun-Schulen gewährleisten eine eigene Verbandszeitschrift, eine eigene Website mit Mitgliedermagazin, regelmäßige Rundschreiben an die Mitglieder, zahlreiche Lehrgangsangebote und die Fachbücher, die Großmeister Kernspecht im eigenen EWTO-Verlag (vormals Wu Shu-Verlag) herausgibt.

Michael-Schwarz

Michael Schwarz

SiFu: Privatschüler von SiGung Keith R. Kernspecht seit 40 Jahren

Cheftrainer: Luxemburg und Wallonie (Belgien)

Grad: 8. Meistergrad

Hauptquartier: „Mutterschule“ in Püttlingen

Schulleiter seit: 1980

Interview anlässlich des 40. Jubiläums der EWTO:

WingTsun ist die Verbindung von „Kampftechniken“ mit der Lehre und dem Wissen um Gesundheit und Energie und den Philosophien. Es ist die Kunst, kämpfen zu können, ohne zu kämpfen – am besten: Siegen, ohne zu kämpfen. Und letztendlich: Besiege Dich selbst – das ist der größte Sieg.

Hier noch eine ausführliche Version dazu, was WingTsun für mich ist:
WingTsun ist der Name, den ich benutze, für das, was ich heute in drei verschiedenen Ländern meinen Schülern vermittle.

Die zutreffendere Version wäre so: Bis vor ca. 15 Jahren hätte ich gesagt, WingTsun ist mein Leben. Es ist das beste System zum Kämpfen und es verhilft mir, mein Hobby zum Beruf zu machen. Nach fast 40 Jahren möchte ich aber differenzieren. Mit WingTsun selbst kann sicherlich niemand kämpfen. Es ist ja nicht etwas, was ich in der Hand halten kann, um mich damit zu wehren. Es ist nur ein Wort, etwas Abstraktes.

Wenn ich an WingTsun denke, ist da auch immer das Bild meines Lehrers, GM Kernspecht. Sein Unterrichten hat dem System Leben eingehaucht. Er hat mir jahrzehntelang Struktur beigebracht und dann hat er „Türen geöffnet“.

Hinter jeder Tür liegt ein Raum, der dieses System immer facettenreicher und komplexer erscheinen lässt. Ich lerne bzw. lernte von anderen Lehrern, die nichts mit Kampfkunst zu tun haben, und es kommt zu immer mehr Schnittpunkten. Ich gehe einen Weg, den ich ohne die Inspiration durch meinen SiFu, GM Kernspecht, nicht hätte gehen können.
Lieber SiFu, ich möchte Dir an dieser Stelle danken und hoffe, dass Du mich noch viele Jahre unterrichten wirst.

Ich bin ein Kind meiner Zeit und die ersten Kinofilme, die ich sah, waren die Bruce-Lee-Filme. Ich lernte Judo und Karate, ein bisschen Boxen. Und dann war da jemand, der unterrichtete den Stil, den Bruce Lee von seinem Lehrer – das war Yip Man – gelernt hatte: Wing Tsun. Alles nahm seinen Lauf …

Drei Gründe möchte ich diesbezüglich aufführen:

Erstens löst die Assoziation mit dem Wort WingTsun bei mir so vieles aus, dass es mir nicht möglich ist, so einfach davon loszukommen.

Zweitens bin ich ein konservativer, traditioneller Mensch, der noch an Werte glaubt. Die Loyalität zu meinem SiFu lässt mich am WingTsun festhalten.

Drittens meine Schüler! Allen voran diejenigen, die schon seit Jahrzehnten bei mir sind, die als Kinder bei mir anfingen und als Erwachsene immer noch da sind. Nicht zuletzt die fünf Menschen, die 1980 in meinem ersten selbst geleiteten Training zusammen mit 35 anderen vor mir standen und heute noch meine Schüler sind.

Ich habe so vieles mit WingTsun erlebt. Keine Ahnung, was das Herausragendste davon war. Vielleicht die Tatsache, dass ich durch WingTsun in engeren Kontakt mit tausenden Menschen kam? Vielleicht das Gefühl, als ich das erste Mal mit gerade 19 Jahren mein erstes selbstständiges Training in meiner neu eröffneten Schule vor 40 Männern – einige doppelt so alt wie ich – gab? Die Tatsache, dass ich durch einen inch punch, den ich an einem Oberfeldwebel vorführte, ein „super Leben“ bei der Bundeswehr hatte? Er hatte zwei Wochen einen großen Bluterguss auf der Brust. Der Stolz, den ich verspürte, als drei meiner Schüler den 5. Meistergrad bestanden? Oder war es einfach der Moment, als ich das erste Mal mit SiFu und SiMo im „Turm“ von Schloss Langenzell saß und wir gemeinsam Kaffee tranken und Christstollen aßen?

Ich machte damals noch den 1. Techniker-Grad und viele Jahre später den 5. Praktiker-Grad. Dieses war eine Differenzierung, die Logik hatte und auch den Schülern einleuchtend zu vermitteln war. Die Abschlussprüfung, der dritte Teil, war ein dreitägiger Lehrgang im Oktober 1984 nur mit Leuten, die auf den 1. Techniker gingen. Zuvor hatten wir schon zwei dreitägige Lehrgänge übers Jahr verteilt absolviert. Am Schluss war ich ziemlich K.O., übersät mit blauen Flecken, aber glücklich. Ich hatte bestanden und das war etwas Besonderes für mich! Der einzige Meister, den es zu diesem Zeitpunkt gab, war SiFu mit dem damals 6. PG – heute 6. Meistergrad.

Fünfzehn Jahre später bestand ich die Prüfungen zum 5. MG. Es war für mich der Übergang in eine „neue Welt“: Rund 20 Jahre zuvor hatte ich mit WingTsun begonnen. Damals war mein erklärtes Ziel der 8. Schülergrad gewesen.

Abschließend noch eine Anmerkung: Ich habe immer nur von WingTsun gesprochen, obwohl ich über 20 Jahre aktiv Escrima trainiert habe. Ich kann zeitlich leider nur eines halbwegs richtig machen, möchte aber Escrima nicht unerwähnt lassen. Das Wichtigste am Escrima ist für mich die langjährige Freundschaft zu GM Bill Newman, der über 20 Jahre lang zweimal im Jahr für mehrere Tage mein Gast bei mir zu Hause war. Ich habe unsere gemeinsame Zeit genossen.